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Cannabis Studien & Forschung

Auswirkungen der Einnahme von medizinischem Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit

Fahrtüchtigkeit-Auswirkung medizinisches Cannabis

Die Einnahme von medizinischem Cannabis kann Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben. Verschiedene Studien haben hierzu einen möglichen Einfluss von freizeitlichem Cannabiskonsum sowie medizinischem Cannabis in verschiedenen Testszenarien untersucht. Zwei Forscherteams haben diese in Übersichtsarbeiten ausgewertet und veröffentlicht. Hierbei handelt es sich zum einen um eine australische Forschungsgruppe um den Pharmakologen Thomas Arkell [1] an der Swinburne University of Technology, zum anderem um ein amerikanisches Team um Medizintoxikologen Mark Neavyn [2] an der University of Massachusetts Medical School. Allgemeines Ziel einer Übersichtsarbeit ist es, relevante Studien in der Fachliteratur zu einem jeweiligen Thema zu sichten, diese in ihrer Relevanz zu gewichten und aus der Summe der einzelnen Ergebnisse zentrale Schlüsse zu ziehen. Wenn nicht anders gekennzeichnet, werden die Auswirkungen der Einnahme insbesondere auf den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) zurückgeführt.

Zusammenhang zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Unfallrisiko

Die Forscherteams sahen sich sogenannte epidemiologische Studien an, welche Vorgänge – in diesem Fall Unfallraten – in der realen Welt beobachten und diese mit bestimmten Faktoren in Beziehung setzen. Arkell und Kollegen berichten von Studien, nach denen Fahrer unter Cannabiseinfluss ein 10–40 % erhöhtes Risiko aufweisen, in einem Autounfall verwickelt zu sein. Auch die Wahrscheinlichkeit Unfallverursacher zu sein, sei im Vergleich zu nüchternen Fahrern erhöht. Andere große Studien würden jedoch keine Hinweise für eine erhöhte Unfall- oder Unfallverursacherrate unter Cannabiseinfluss geben. Konsens der Großzahl der Studien ist, dass der Konsum von Cannabis in einer durchschnittlichen Menge das Risiko eines Unfalls in etwa der gleichen Rate wie eine Blutalkoholkonzentration bis 0,05 g/L erhöhe. Das Forscherteam um Dr. Neavyn gibt mit Blick auf Cannabis auf Rezept noch einige Einschränkungen: Obige Studien würden die Daten aus Unfällen beziehen, welche zumeist auf einem nicht-medizinischen Konsum von Cannabis beruhen. Diese Bevölkerungsgruppe würde jedoch häufig auch eine deutlich risikoreichere Fahrweise an den Tag legen, was unter der Einnahme von medizinischem Cannabis nicht festgestellt werden konnte. Weiterhin spielen bei einem Unfallhergang vielfältige Einflussfaktoren wie Schlafentzug eine Rolle, sodass der eindeutige Einfluss von medizinischem Cannabis auf die Unfallstatistik nicht eindeutig festzustellen ist.

Auswirkungen der Einnahme von Cannabis in Simulationsstudien zur Fahrtüchtigkeit

In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Studien, welche in Simulationsszenarien psychomotorische Fähigkeiten wie Koordination und Reaktionsgeschwindigkeit vor und nach Cannabiseinfluss erheben. Dies sind Fähigkeiten, die beim Führen eines Kraftfahrzeugs von Bedeutung sind. Leider bestehen hierfür keine standardisierten Studiendesigns, sodass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den einzelnen Studien erschwert ist. Laut den Autoren kann unter Laborbedingungen jedoch als gesichert angesehen werden, dass insbesondere eine hohe Dosis akut verabreichtem Cannabis die kognitiven sowie die psychomotorischen Leistungen zumindest mittelfristig beeinträchtigt. Diese oftmals sehr theoretisch erhobenen Ergebnisse lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf reale Verkehrssituationen oder Fahrsimulationen übertragen. So ist es interessant, dass Autofahrer, welche in der Freizeit Cannabis konsumieren, langsamer fahren, längere Folgeabstände einhalten und ihren Rauschzustand überschätzen. Weiterhin führen die Autoren eine Studie an, in der gezeigt werden konnte, dass fahrbezogene kognitive Fähigkeiten innerhalb von etwa fünf Stunden nach dem Inhalieren von 20 mg THC wieder auf dem gleichen Level wie vor der Einnahme waren. Eine andere Studie berichtet von Probanden, welche nach der Inhalation von 13,75 mg THC zwar für 40-100 Minuten klinisch relevante Einschränkungen der Fahrtauglichkeit zeigten, nicht mehr aber, 4-5 Stunden nach Inhalation. Einzelne Studien mit einem längeren Beobachtungszeitraum zeigen, dass die psychomotorischen Fähigkeiten über 24 Stunden beeinträchtigt sein können, wobei keine dieser Langzeitmessungen explizit die Fahrleistung im Straßenverkehr überprüfte. Insgesamt schlussfolgern die Forscher, dass insbesondere in den ersten 2–3 Stunden nach Konsum mit einer deutlichen Einschränkung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit gerechnet werden muss, wobei ein Großteil dieser Einschränkungen nach 3-6 Stunden wieder abklingen würden. Daher empfehlen die Forscher, nach der Einnahme von medizinischem Cannabis acht Stunden lang auf das Führen eines Kraftfahrzeugs zu verzichten.

Unterschiede von medizinischem und nicht-medizinischem Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit

Bei der Betrachtung wissenschaftlicher Studien muss zwischen dem Einfluss von medizinischem und nicht-medizinischem Cannabis unterschieden werden: Die überwiegende Mehrheit der Studien zum Thema Cannabis und Fahren konzentrieren sich auf den nicht-medizinischen Cannabiskonsum insbesondere junger, gesunder Teilnehmer, die gelegentlich Cannabis in einer stark berauschenden Wirkung konsumieren. Patienten nehmen das Medizinalcannabis hingegen üblicherweise täglich, über längere Zeiträume und in einer symptomorientierten Dosis ein und entwickeln somit eine pharmakologische Toleranz gegenüber der THC-Wirkung, welche eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens abzumildernd scheint. So demonstrierte eine wichtige Studie, dass Teilnehmer mit täglichem Cannabiskonsum von 10 mg THC bzw. 20 mg Dronabinol (synthetisches THC) keine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens zeigten. Anders als die Vergleichsgruppe der Studie, welche unter gelegentlichem Cannabiskonsum (<1-mal pro Woche) insbesondere unter der höheren Dosis die erwarteten Beeinträchtigungen aufwiesen. Dies weist darauf hin, dass die Fahrtüchtigkeit insbesondere in den frühen Phasen der THC-Behandlung am meisten eingeschränkt ist. Weiterhin scheint das Vorliegen eines subjektiven „High-Gefühls“ starke Auswirkungen auf das Fahrverhalten zu haben, welches Patienten nur selten erreichen. Es existieren aktuell (nach dem Wissen der Autoren) [1] [2] keine Simulationsstudien, welche eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nach der Einnahme von explizit medizinischem Cannabis zeigen. In einer Studie wurden Patienten unter einer Langzeittherapie[3] [4] mit medizinischem Cannabis zu ihrem Fahrverhalten befragt. Hierbei berichtete die Mehrheit dieser Patienten entweder über keine Veränderung oder eine Verbesserung ihrer selbst eingeschätzten Fahrtüchtigkeit, was möglicherweise auf eine verringerte Spastik und/oder verbesserte kognitive Funktionen zurückzuführen ist. Eine Umfrage unter australischen Cannabis-Patienten zeigte, dass sich 71% der Befragten durch ihre Medikation im Straßenverkehr nicht eingeschränkt fühlen.

Auswirkungen von Cannabidiol (CBD) auf das Fahrverhalten

Während sich die Auswirkungen von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit insbesondere auf den psychoaktiven Wirkstoff THC zurückführen lassen, liegen keine Hinweise vor, dass sich die Einnahme von reinen CBD-Produkten nachteilig auswirkt. Auch die Kombination mit anderen Substanzen wie Alkohol, wenn auch wenig untersucht, scheint keinen verstärkenden Effekt zu zeigen. CBD ist jedoch ein relevanter Inhibitor von Stoffwechselenzymen, welche zum Abbau anderer Medikamente benötigt werden. Insbesondere in Kombination mit zentral beruhigenden oder aktivierenden Medikamenten sollte vor der Einnahme von CBD und der Teilnahme am Straßenverkehr ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.

Einnahme von Cannabis mit anderen psychoaktiven Stoffen

Einig sind sich beide Forscherteams, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch die gleichzeitige Einnahme von (medizinischem) Cannabis in Kombination mit anderen psychoaktiven Stoffen, wie Alkohol oder einigen zentral wirksamen Medikamenten, erheblich verstärkt werden kann. Patienten sollten dringend auf eine solche Konstellation aufmerksam gemacht werden. Besonders im Vergleich zu Alkohol sei darauf hinzuweisen, dass es keinen klaren Zusammenhang zwischen der Höhe der THC-Dosis und möglichen Einschränkungen gäbe. Das heißt, dass die Einschränkung der Fahrtüchtigkeit durch eine gewisse Menge THC individuell verschieden ausfällt. So kann bei Person A bereits eine nicht nachweisbar kleine Menge THC im Blut zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit führen, bei Person B mit nachweislich hohem THC-Spiegel im Blut jedoch nicht.

Fazit

Die Teilnahme am Straßenverkehr ist eine komplexe Aufgabe, die eine Reihe von kognitiven und psychomotorischen Funktionen erfordert. Nach Wissen der Autoren existieren keine Studien, welche eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit explizit nach der Einnahme von medizinischem Cannabis zeigen. Die allgemeinen Auswirkungen von THC auf das Autofahren sind im Allgemeinen moderat, klingen zumeist nach bis zu acht Stunden ab und ähneln den Auswirkungen von niedrig dosiertem Alkohol. Insbesondere Patienten mit subjektivem „High“-Gefühl sollten für 8 Stunden das Führen eines Kraftfahrzeugs unterlassen. Insgesamt scheinen Cannabis-Patienten eine geringere Einschränkung ihrer Fahrtüchtigkeit zu erleben als Menschen mit freizeitlichem Konsum von Cannabis.

Quellenangaben

1

Arkell, T. R., McCartney, D., McGregor, I. S. (2021). Medical cannabis and driving. Aust J Gen Pract, 50(6), 357-62.

2

Neavyn, M. J., Blohm, E., Babu, K. M. et al. (2014). Medical Marijuana and Driving: A Review. J Med Toxicol, 10, 269-279.

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